wiki:1999_reisebericht_iran
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wiki:1999_reisebericht_iran [2025/09/17 04:25] – gelöscht - Externe Bearbeitung (Datum unbekannt) 127.0.0.1 | wiki:1999_reisebericht_iran [2025/09/17 04:25] (aktuell) – [Auf vergessenen Pfaden von Köln nach Indien Teil 2] norbert | ||
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+ | ====== Impressionen aus dem Iran ====== | ||
+ | ===== Auf vergessenen Pfaden von Köln nach Indien Teil 2 ===== | ||
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+ | Ein Reisebericht von Sonja Roschy & [[wiki: | ||
+ | //Unsere Route führte uns mit dem Auto, einem 18 Jahre alten Ford Escort, von der Türkei aus in den Iran (bei Dogubayazit) und von dort über Täbris, Teheran, Isfahan wieder nach Norden, auf einer Nebenstrecke nach Turkmenistan. Einige besonders eindrucksvolle Situationen haben wir im Folgenden skizziert.// | ||
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+ | ==== Erste Eindrücke ==== | ||
+ | Schon auf türkischer Seite hatten wir eine Wasserscheide passiert, nun fließen die Gewässer ins Kaspische Meer. Auch die [[wiki: | ||
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+ | Die Lehmarchitektur dieser Region hat jedoch kaum Zeugnisse bestehen lassen – wenn diese Häuser nicht gepflegt werden, zerreiben Wind, Wasser und Temperaturunterschiede die einfachen Häuser innerhalb weniger Jahre oder Jahrzehnte zu Staub, der sich in nichts von der Umgebung unterscheidet. Vieles spricht jedoch dafür, daß sich in der Bebauung kaum etwas geändert hat. Wer sich in diesen nomadischen Kulturen seßhaft machte, ersetzte den Zaun durch eine wehrhafte, hohe Lehmmauer, setzte eine massive, doppelflügelige Holztür ein und gab dem ganzen ein abweisendes Äußeres. In den vier Ecken genügten jeweils zwei weitere Mauern, um eine bescheidene Unterkunft herzurichten; | ||
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+ | In der wasserarmen Gegend mit ihren Erdfarben zwischen rot, braun und ocker fällt jedes Grün auf, wirkt oasenartig und gepflegt. Anders als auf türkischer Seite müssen sich hier die Menschen aktiv bemühen, um Grünes zum Gedeihen zu bringen. Gärten, Felder, Plantagen, Grasflächen überleben nur durch Bewässerung. Vielleicht liegt es daran, daß mir die Dörfer sauberer erscheinen als in der Türkei, gepflegter, ordentlicher mit weniger Müll auf den Straßen. Die Hitze ist auch im Auto enorm und erstmals erscheinen die 3 Liter Wasser, die wir ständig füllen, als zu klein. | ||
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+ | ==== Chaos mit System – Auto fahren in Teheran ==== | ||
+ | Der Verkehr in Teheran ist unbeschreiblich und mit nichts zu vergleichen, | ||
+ | - Nutze jeden sich bietenden Vorteil, und | ||
+ | - Bei drohenden Kollisionen ist zu hupen. | ||
+ | Alle Verkehrsregelungen werden ignoriert, auch rote Ampeln, Einbahnstraßen. Hier gelte ich als Verkehrshindernis, | ||
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+ | Auf der Autobahn nach Isfahan mache ich dann noch ganz andere Beobachtungen: | ||
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+ | ==== Coo–Cack–Cola und iranische Doppelmoral ==== | ||
+ | Meran, der Iraner, braucht nur einen Anstoß, dann legt er los: Ja, man könne im Iran alles haben, was verboten, alles sei käuflich! Auch Alkohol, auch die Strafe, die darauf steht, auch ein verhängtes Todesurteil sei nur eine Frage des Geldes. Privat würde alles gemacht, alles kritisiert, aber es gäbe keine offene Kritik, man würde eben so leben wie die Mullahs es verlangten – zumindest im öffentlichen Raum. | ||
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+ | Zwar sei eine gewisse Liberalisierung wahrzunehmen, | ||
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+ | ==== Nomadische Wurzeln ==== | ||
+ | Die Teppiche der turkmenischen Nomaden, eigentlich Kelims (nicht geknotet, sondern gewebt) weisen Muster auf, die an Muster der Navajos erinnern. Das ist kein Zufall, sondern die Muster lassen sich verfolgen nach Sibirien, zu den Eskimos und von dort zu den Indianern. Jeder handgemachte Teppich ist Teil des Lebens der Weberin, sie webt darin ein ihre Wünsche und Träume und Ängste. Nahezu alle Muster lassen sich daher konkret deuten: als Tanz, als Kinderwunsch, | ||
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+ | Die Verwandtschaft nomadischer Völker zeigt sich aber auch in den sprituellen Wurzeln. Der etwa 700 v.Chr. von Zoroaster eingeführte Feuerkult ist noch heute lebendig. Er war vor 1000 Jahren Staatsreligion, | ||
+ | Welchen Einfluß dieser Glaube heute noch hat, zeigt sich in folgender Geschichte: Als der letzte Feuerpriester in Aden/Jemen starb, wurde dessen Feuer in einer ausschließlich von Parsen besetzten Sondermaschine nach Bombay überführt. Zöllner durften die Transporturne nicht öffnen, da sonst das Feuer entweiht worden wäre. Der gesamte Verkehr zu Lande und in der Luft wurde rund um Bombay gestoppt und nach der Landung das Feuer in den nächsten Feuertempel überführt. | ||
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+ | Dieser Feuerkult läßt sich wieder bei allen sibirischen und indianischen Völkern finden, natürlich in anderer Prägung. Doch der Feuertempel, | ||
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+ | Die indischen Zoroastier bezeichnen sich als Parsen (Perser) und nur ein geborener Parse kann diesem Glauben angehören. Die Kinder aus Mischehen gelten als unrein und werden nicht zugelassen. Der religiöse Kult verbindet sich hier mit einem Rassenkult, der so weit geht, das behauptet wird, ein Parse erkennt einen anderen auf einen Blick im dichtesten Gewimmel. Parsen sind Arier, fast alle Iraner sind Arier und der Schah war auch König der Arier. Im Iran wurden wir oft gefragt: Woher kommt ihr? Als sie hörten „Deutsche“, | ||
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+ | Bei der Rückkehr vom Feuertempel fuhren wir ins Armenierviertel, | ||
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+ | Der Gang durch das armenische Viertel zeigt hinter 4 m hohen Mauern Reichtum, mehr als in anderen Vierteln, doch die Häuser erscheinen wehrhaft: Fenster sind weiter oben, die Mauerkronen noch durch spitze Gitter gekrönt, schwere doppelflügelige Stahltore verwehren den Eingang, die Garage ist im Erdgeschoß und durch Gitter gesichert. Die Mauer um die Hauptkirche ist etwa 6 m hoch. Der Sohn des Priesters erzählt von Verpflegung und daß gerade in diesen Tagen eine Kommission der UN eigens in dieser Angelegenheit nach Teheran gekommen ist. Viele sind nach Amerika ausgewandert, | ||
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+ | Auf dem Rückweg zum Auto kommen wir an einem noch nicht fertiggestellten Neubau vorbei, der aussieht wie eine Burg, mit Türmen und Zinnen. Abends erzähle ich meine Beobachtungen Hossain, ohne zu werten, doch ich erhalte keine Antwort – ein wunder Punkt? | ||
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+ | ==== Picknick in Esfahan ==== | ||
+ | Sobald es dunkelt, ziehen die Bürger der Stadt aus ihren Häusern heraus, schon der Emam Khomeine Square, früher Königsplatz, | ||
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+ | Um diese Jahreszeit führt der Fluß kaum Wasser, doch ein kleiner Staudamm und Wehre unter den Brücken erzeugen den Eindruck eines strömenden Flusses, dabei kann man ihn durchwaten ohne daß die Knie naß werden. Durch die Schmelzwasser im Frühjahr ist er jedoch sehr breit und die Brücken gewinnen dadurch ihre besondere Form: nicht sehr hoch (weil es keinen Schiffsverkehr gibt), aber sehr lang. Die meisten Brücken sind für den Autoverkehr gesperrt und dienen nur zum flanieren. Jede sieht anders aus, doch herrscht die Bogenarchitektur vor. Es mögen 2–3 Dutzend Steinbögen sein, die jeweils ein Fenster zum Fluß bieten und trotz der Menschenmassen jeweils einen privaten Raum öffnen, besetzt sind von einzelnen oder von Gruppen. Unterhalb des Straßenniveaus bildet eine zweite Bogenreihe die Basis, hier sind Teehäuser untergebracht und über 3,4 Stufen erreicht man das Wasser. | ||
+ | Viele Menschen sitzen auf den Stufen, über die der Fluß plätschert und gurgelt, lauschen versunken der Melodie des Wassers, ohne sich von den lachenden und singenden Gruppen hinter ihnen stören zu lassen – ein ungewohntes Bild. Während die oberen Bögen alle Beleuchtet sind, finden sich unten auch dunkle Bereiche. Das bringt in der Nacht nicht nur vielfältige Licht – Schatten – Effekte sondern zieht unglücklich verliebte Männer an: in den dunklen Bögen singen und schreien sie ihre Wünsche und Gefühle hinaus aufs Wasser, sind selbst nicht zu erkennen in der Dunkelheit. Diese Laute kommen von tief unten und haben sicher auch therapeutischen Effekt. Außen stehen Menschentrauben, | ||
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+ | Wieder einmal staune ich über die Kunst der Iraner, öffentlich in einem privatem Raum zu agieren, denn auch die auf den Stufen sitzenden und Meditierenden haben ihre Privatsphäre unsichtbar aufgebaut, werden respektiert und bleiben ungestört. Mir scheint. Im Iran gibt es einen respektvolleren Umgang mit der Natur, den Elementen als sonstwo in der Region. Was würde wohl ein Iraner sagen, der den vollgeschissenen Rasen im Kölner Volksgarten sähe? So etwas gibt es hier nicht. Hier werden Rasenflächen gewässert und gepflegt und die wenigen Hunde verjagt. | ||
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